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Experteninterview mit Vitali Losing von INNERECOMMERCE zur Datenqualität im E-Commerce - Teil 2


Vitali Losing, E-Commerce-Experte und Gründer der INNERECOMMERCE GmbH.In einem ersten Interview haben wir mit Vitali Losing über die Bedeutung einer hohen Datenqualität im E-Commerce gesprochen. Heute sprechen wir mit dem E-Commerce-Experten und Gründer der INNERECOMMERCE GmbH über deren Auswirkungen auf Prozesse, Kosten und den ROI.

Inhaltsverzeichnis
 
                                                                                                                                                                                                                                                                                        Vitali Losing
Melissa: Wie wirkt sich eine schlechte Datenqualität auf die Prozesse im Unternehmen aus?
 

Vitali Losing: Datenqualität ist nicht nur ein Thema für CRM- oder ERP-Systeme, sondern ein zentraler Faktor zur Effizienzsteigerung in allen Unternehmensbereichen. Fehlerhafte Adressen, Dubletten, fehlende Länderkennzeichen oder ungültige Postleitzahlen bremsen jeden automatisierten Prozess: vom Etikettendruck bis zur Mahnung, vom Zollformular bis zur Steuererklärung. Besonders im internationalen Versand wirkt sich eine unzureichende Datenqualität negativ aus: Durch längere Laufzeiten, komplexere administrative Anforderungen, etwa bei der Zollabwicklung, Sprachbarrieren oder länderspezifische Formate führen selbst kleine Fehler zu hohen Folgekosten – von Retouren und Bearbeitungsgebühren über verlorene Sendungen bis hin zu rechtlichen Risiken. Je weiter der Versandweg, desto teurer werden fehlerhafte Adressen.

Melissa: Wie ist es in Deutschland mit der Datenqualität bestellt?

Vitali Losing: Laut der Adress-Studie 2025 der Deutschen Post Direkt waren im vergangenen Jahr branchenübergreifend 13,1 % aller Sendungen in Deutschland unzustellbar. Rund 5 % der Adressen konnten zwar korrigiert werden, allerdings oft nur mit zusätzlichen Kosten oder Verzögerungen. Knapp 3 % der Sendungen waren aufgrund unvollständiger oder falscher Adressangaben zunächst gar nicht zustellbar – was nicht nur Umsatzausfälle bedeutet, sondern auch zusätzliche Kosten für Recherche, Zweitzustellung oder Retouren.

Ein Großteil dieser Kosten lässt sich durch eine automatisierte Adressprüfung und intelligente Adressvervollständigung bereits beim Check-out vermeiden – ein einfacher, aber wirkungsvoller Hebel, um den ROI zu erhöhen und unnötigen Aufwand in Logistik und Kundenbetreuung zu eliminieren.
Positiv hervorzuheben ist, dass der Onlinehandel in der genannten Studie in puncto Datenqualität den ersten Platz belegt – vor Banken, Versicherungen und Touristik. Diesen Spitzenplatz wollen wir für unsere Kunden mit unseren Services aktiv langfristig sichern.
 

Melissa: Welche Rolle wird die Datenqualität künftig im E-Commerce spielen?

Vitali Losing: Datenqualität entwickelt sich vom vermeintlichen Hygienefaktor zur strategischen Grundlage. Das betrifft zum einen die Optimierung des operativen Tagesgeschäfts und zum anderen die Voraussetzung für zukunftsfähige Geschäftsmodelle zu schaffen. Hierbei spreche ich insbesondere vom zunehmenden Einsatz von KI-Technologien, bei dem die Qualität der zugrundeliegenden Daten eine ganz entscheidende Rolle spielt.

Wenn Unternehmen KI-Modelle mit schlechten Daten antrainieren, dann erhalten sie auch schlechte, sprich falsche Ergebnisse (garbage in, garbage out). Falsche Personalisierungen, ineffizienter Budgeteinsatz und unzuverlässige Automatisierung gehören zu den Folgen. Gleichzeitig steigen die regulatorischen Anforderungen – von der DSGVO bis hin zu internationalen Sanktions- und Prüfpflichten. Wer heute nicht proaktiv investiert, wird morgen Skalierungsprobleme, technologische Limitierungen oder sogar rechtliche Risiken bekommen.

Ein verbreiteter Denkfehler ist, die Verantwortung zur Sicherstellung einer hohen Datenqualität allein der IT-Abteilung zuzuschieben. Vielmehr sitzen hier alle Bereiche, wie das Marketing, die Logistik, Finance, der Vertrieb und Kundenservice in einem Boot. Wer schlechte Daten im System hat, zahlt später doppelt – durch Nacharbeit, Kulanz oder verlorene Kunden.

Ein weiterer Irrglaube ist, die Datenbereinigung auf einen späteren Zeitpunkt zu verschieben. Das ist, als würde man das Fundament eines Hauses erst nach dem Einzug prüfen. Dabei ist es heute bereits möglich, Daten direkt bei der Erfassung – etwa beim Checkout – kontextsensitiv zu prüfen und zu optimieren. Und oft sind es auch nicht die großen Transformationsprojekte, die den Unterschied machen, sondern kleine Maßnahmen mit großer Hebelwirkung.

Kurzum: Datenqualität ist kein technisches Detail. Sie ist vielmehr eine Frage der Haltung und gewinnt als Führungsaufgabe immer mehr an Bedeutung.

Melissa: Haben Sie auch Erfahrungswerte, wie sich eine hohe Adressqualität auf den ROI auswirkt?

Vitali Losing: Ja, und die sind positiv! Abhängig von der Ausgangssituation und Größe der E-Commerce Plattform können wir bei unseren Kunden in der Regel im ersten Jahr einen ROI von über 600 % erzielen, ab dem zweiten Jahr sogar von über 800 %. Das bedeutet, dass sich die Investition in die Integration von Webservices in der Regel bereits nach spätestens zwei Monaten vollständig amortisiert hat. Diese hohe Rentabilität ist vor allem auf zwei Faktoren zurückzuführen:

  1. Weniger unzustellbare Pakete und geringere Korrekturkosten:

Durch valide Adressdaten sinkt der Anteil der Fehlzustellungen deutlich. Dadurch reduzieren sich sowohl die Versandkosten für zweite Zustellversuche als auch die Retourenkosten. Diese liegen laut der EHI-Studie „Versand- und Retourenmanagement im E-Commerce 2023“ durchschnittlich zwischen 5 und 20 Euro pro Retoure.

  1. Höhere Conversion Rate durch Adressvervollständigung:

Eine reibungslose und schnelle Adresseingabe ist heute wesentlicher Bestandteil einer guten User Experience – insbesondere auf mobilen Endgeräten. Autovervollständigung kann die Eingabedauer, wie erwähnt, um bis zu 20 % reduzieren, was nachweislich zu einer höheren Conversion Rate führt. Zudem erwarten viele Nutzer heute einfach automatische Adressvorschläge. Fehlt dieses Feature, wirkt der Check-out antiquiert und erzeugt unnötige Reibungsverluste.

Diese Effekte sind nicht nur rein ökonomisch betrachtet positiv, sondern steigern auch unmittelbar die Kundenzufriedenheit und die Markentreue. Laut einem eMarketer-Report von 2024 halten 90 % der E-Commerce-Kunden den Versand für einen entscheidenden Teil ihres Einkaufserlebnisses. 71 % haben im vergangenen Jahr einen Kundenservice wegen Versand- oder Lieferproblemen kontaktiert. Mehr als die Hälfte der Kunden (51 %) geben eine negative Bewertung ab, wenn diese Probleme nicht zufriedenstellend gelöst werden. Effiziente Prozesse, zuverlässige Lieferungen und eine transparente Kommunikation sind daher nicht nur Kostensenker, sondern auch entscheidend für eine hohe Reputation, Markenbindung sowie nachhaltigen Erfolg im E-Commerce.

 

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